Andacht am 22.02.2010, Pfarrerin Frey

Schön ist es, wenn man zur Vesperkirche hereinkommt und die gedeckten Tische sieht, einladend sehen sie aus, liebevoll gestaltet – da hat man Lust, sich hinzusetzen.
Ums gemeinsames Sitzen und Essen soll es auch in den nächsten Minuten gehen, in der biblischen Geschichte aus dem Markusevangelium (Mk 6,30-44).

Ob es 5000 waren oder 500 – so wie fast hier in der Friedenskirche – tut nichts zur Sache. Sie waren den ganzen Tag über bei Jesus gewesen, haben ihm zugehört wie er von Gott erzählt, dass Gott Gemeinschaft will mit allen Menschen und sie einlädt, ihr Leben mit ihm zu teilen.
Auch die Jünger und Jüngerinnen waren mit  Begeisterung dabei, eifrige Mitarbeiter für eine gute Sache... Sie haben sich die Beine in den Bauch gestanden, haben erklärt, haben dafür gesorgt, dass alles einen guten Ablauf nimmt. Und dann wird es Abend in der Geschichte. Über der Freude, dass so viele gekommen sind, lassen doch auch die Kräfte nach und alle haben großen Hunger.
In der Bibel sagen die Jünger zu Jesus: „Es ist öde hier!“
Ach, sollen alle einfach auseinander gehen und doch sehen, wer, wo, wie bleibt. Das ist  eine Reaktion, die einem in der Not schnell einfällt. Jeder soll doch gucken, wie er zurechtkommt. Die  fünf Brote und zwei Fische, die sie sammeln können, die sind doch wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Das verläuft sich doch alles. Öde Aussichten. Mangel, wo man nur hin schaut.

Aber Jesus sagt: Halt, Leute, lauft nicht weg. In der Bibel heißt es hier:
„Und Jesus gebot ihnen, dass sie sich alle lagerten, tischweise, auf das grüne Gras. Und sie setzen sich in Gruppen zu hundert und zu fünfzig.“

Solange sie  alle Einzelkämpfer bleiben, passiert kein Wunder. Das erste, was Jesus tut: Er stiftet Gemeinschaft, Tischgemeinschaft. Jetzt passiert etwas ganz Entscheidendes:
Menschen werden herausgerufen aus der Vereinzelung. Jesus lässt sie es hautnah erleben -
Ihr seid nicht isolierte Einzelne, ihr seid Teil eines größeren Ganzen. Schaut euch an! Schaut in die Runde: Ihr habt Schwestern und Brüder! Bei allen Unterschieden: Erkennt euch doch als solche. Es geht darum, dass ihr alle satt werdet. Darum habe ich euch auch nicht zu beten gelehrt: "Mein täglich Brot gib mir heute", sondern: "Unser tägliches  Brot gib uns heute!"
Wo das passiert, da fängt die Öde an, sich in eine grüne Aue zu verwandeln, wie wir im Text entdecken. Und vielleicht auch hier an unseren grünen Tischen.

Aber das war erst der erste Schritt.
Nun erleben die Jünger, was sie immer wieder mit Jesus erleben:
Wo er ist, da öffnet sich der Himmel!
Da leuchtet etwas auf von Gottes Kraft und Segen.
Und ganz wichtig dabei: Jesus bezieht seine Jüngerinnen und Jünger mit ein . Er sagt nämlich: Gebt ihr ihnen zu essen. Er nimmt sie in Verantwortung, er sieht ihre Begabungen.
All das, was sie einbringen können, wird gebraucht. Dafür stehen die fünf Brote und zwei Fische. Sie sind gefragt:
deine Kraft, deine Geduld, dein Organisationsgeschick, deine Lebendigkeit, deine Ruhe, wenn's hoch her geht, dein Humor.
Wir mögen manchmal gering davon denken. Doch wenn Gott es in seine segnenden Hände nimmt, dann kann Erstaunliches draus werden.  So wie im weiteren Verlauf unserer Geschichte die himmlische Fülle inmitten allem Irdischen spürbar wird.

Jetzt nimmt Jesus nämlich  das Brot und blickt zum Himmel und dankt und bricht es in Teile  und gibt es den Menschen -  ganz so wie wir es vom letzten Abendmahl kennen. In dieser Geste ist alles gesagt bis heute: Gott für uns.
Er gibt das Brot und teilt mit uns, wie er alles mit uns teilt – mit dir und mir - das Leben und selbst den Tod, er schenkt neue Gemeinschaft mit Gott, aus der niemand jemals wieder herausfallen kann.
So stillt Jesus tiefsten Hunger, den Hunger nach Leben, und wird zur wahren Lebensspeise. Und es hat genug davon, da werden alle satt, so dass wir herzlich einladen können in die Gemeinschaft mit Gott und untereinander.

Dass nachher in unserer Geschichte zwölf Körbe übrig bleiben werden, verwundert jetzt nicht mehr wirklich.
So wünsche ich Ihnen jetzt an ihren grünen Tischen weiterhin guten Appetit und schöne Tischgemeinschaft. Essen Sie kräftig, damit nachher hier nicht so viel übrig bleibt.