Jesaja 58, 7 - 12

Die Schriftlesung des Eröffnungsgottesdienstes am 14. Februar 2010 steht in Jesaja 58, Verse 7 - 12:

"Gebt den Hungrigen zu essen, nehmt Obdachlose in Euer Haus, kleidet den, der nichts anzuziehen hat, und helft allen in eurem Volk, die Hilfe brauchen. dann strahlt Euer Glück auf wie die Sonne am Morgen, und eure Wunden heilen schnell; eure guten Taten gehen euch voran, und meine Herrlichkeit folgt euch als starker Schutz. Dann werdet ihr zu mir rufen, und ich werde euch antworten; wenn ihr um Hilfe schreit, werde ich sagen: >Hier bin ich!<
Wenn ihr aufhört, andere zu unterdrücken, mit dem Finger spöttisch auf sie zu zeigen und schlecht über sie zu reden, wenn ihr den Hungrigen zu essen gebt und euch den Notleidenden zuwendet, dann wird eure Dunkelheit hell werden, rings um euch her wird das Licht strahlen wie am Mittag. Ich, der Herr, werde euch immer und überall führen, auch im dürren Land werde ich euch satt machen und euch meine Kraft geben.

Ihr werdet wie ein Garten sein, der immer Wasser hat, und wie eine Quelle, die niemals versiegt. Was seit langer Zeit in Trümmern liegt, werdet ihr wieder aufbauen; auf den alten Fundamenten werdet ihr alles von neuem errichten. Man wird euch das Volk nennen, das die Lücken in den Stadtmauern schließt und die Stadt wieder bewohnbar macht."

Predigt zu Joh. 6, Vers 48 - Pfarrer Dieter Kaufmann

Liebe Gemeinde!

Aus Kindertagen ist es jedem vertraut. Man läutet an der Haustür des Elternhauses. Auf die Frage: „Wer ist da?“ kommt in der Regel nur eine Antwort: „I bens!“ Das reicht. Alles ist gesagt. Man weiß ja, wer der „I “ ist. Man ist vertraut miteinander. Und man gehört  zusammen.
Die Vesperkirche ist das „Miteinander für Leib und Seele“. Wir zeigen, in dem wir miteinander an einen Tisch sitzen, dass wir zusammengehören.

„Ich bin das Brot des Lebens!“ – sagt Jesus.  Es ist das erste der „Ich bin"-Worte im Johannesevangelium.
Ich bin es. In meiner Seele soll ich es spüren: Da ist dieses Wort für mich gesprochen. In mir soll das Vertrauen wachsen. So wie das „I bens“ selbstverständlich Türen öffnen lässt. So soll jeder in sich diese Tür aufmachen können. Damit das, was wir alle brauchen, in uns wachsen kann: Selbstvertrauen.   
Dann spüre ich schnell, dass es gut tut, wenn man miteinander für die Seele sorgt. Sich gegenseitig wahrnimmt. Wie eben das Vertrauen in einem stärker oder schwächer ist. Wenn das Geld nicht reicht, geht man nicht immer aufrecht durch die Geschäftsstraßen.
„Ich bin der gute Hirte!“ - auch ein „Ich bin"-Wort Jesu. Ein Hirte sieht, ob ein Schaf mitkommt oder nicht. Er hütet, behütet, wenn es alleine nicht zurecht kommt. Er achtet auf das Miteinander. Das soll in der Vesperkirche dazugehören: Wir lernen einander kennen. Weil oft jeder in seiner eigenen Welt lebt. Wenn man sich nicht kennt, nicht miteinander redet, dann versteht man nicht, wie unterschiedlich auch hier in der Stadt gelebt wird.
„Seid getrost, ich bins. Fürchtet euch nicht!“ sagt Jesus zu den verängstigten Jüngern im Sturm. In der Vesperkirche lösen sich Unsicherheiten. Im selbstverständlichen miteinander und füreinander arbeiten wächst es. Es gibt Gesprächspartner für meine Fragen des Lebens.
Was hält mich und stillt mir den Hunger und den Durst, den ich mir nicht selbst stillen kann? Oder ganz praktisch: Wo gibt es welche Unterstützung, welche Hilfe kann ich bekommen?

„Ich bin das Brot des Lebens“
Brot ist ein Grundnahrungsmittel. Brot, da weiß jeder, was damit gemeint ist. Und manche unter uns wissen es, wie ein Bissen Brot schmecken kann, wenn es knapp ist. Wie dankbar man dafür war. Jesus ist Brot. Als wollte er sagen: Ich bin das Grundnahrungsmittel des Lebens für dich. Für die Lebenserfahrungen, die zu dir gehören. Wie sie im Brot enthalten sínd:

- Säen und Wachsen steht im Hintergrund. Was säen wir aus? In dem, was wir tun und sagen? In der Hoffnung, dass daraus etwas wachsen möge. [...] Das Wachsen und Gedeihen haben wir nicht in der Hand. Manchmal gelingt es beim besten Willen nicht so, wie wir es uns wünschen würden.
- Dann kommt die Ernte. Wie schön ist es, wenn man etwas ernten kann. Und wie schwer, wenn nicht. Jugendliche erleben in der Schule ihre Ernte. Die Klassenarbeiten, die Zeugnisse, sind Ernteergebnis. Reiche Ernte für die einen. Manchmal aber auch Missernte, obwohl ich doch soviel gelernt habe. Und was bedeutet es, wenn man zig Absagen erntet? Dann, wenn man gerne einfach dabei sein will. Im Leben, im Beruf, um sich und seine Gaben einzubringen. Selbst im Glauben mag diese Erfahrung nicht ausbleiben.
- Ohne dass die Körner gemahlen werden, geht es nicht. Und im Leben leider Gottes auch nicht immer. Ich meine nicht die Mühle des Alltags, in der man sich hin und wieder befindet.
Ich meine das Gefühl, dass man fast zerrieben wird. Sich aufreibt und es wehtut. Sich reibt an anderen, die einen nicht verstehen. Und man sich alleine vorkommt.
Dann kann man sich nur an den halten, der sich aufreiben hat lassen. Für das Leben, für die Welt. Die Schmerzen jedes sich aufreibenden Menschen hat er getragen. Damit sich alle darin mit ihm verbunden sehen. Am Schluss soll das Leben, das neue Leben stehen.
[...]

Liebe als Quelle
Erst die Hitze macht das Brot essbar. Als glühenden Backofen voller Liebe hat Martin Luther Gott bezeichnet. Nicht immer brennt das Feuer der Liebe in uns und in unserer Gesellschaft so, wie es gut wäre. Das ist eine kritische Selbsterkenntnis.
Vesperkirchen-Erkenntnis ist aber, dass es schön ist, sich im Dienst füreinander einzubringen. Deshalb sind wir hier. Weil uns gerade diese Kirche daran erinnert: Mitten im Leben. So wie wir unterschiedlich leben in dieser Stadt. Da brauchen wir Jesus selbst als Quelle der Wärme.


„Ich bin das Brot des Lebens“ - Jesus ist für das Leben die grundlegende Nahrung. Vesperkirche ist eine Form, wie wir dies miteinander feiern. Wir danken Gott für alle Gaben. Und dafür, dass er uns miteinander verbindet. Dass wir füreinander eintreten. Denn für uns alle gilt: „Ich bin das Brot des Lebens“.

Amen