Andacht am 20.02.2012, Diakon Martin Strecker

Liebe Vesperkirchengemeinde,

heute ist Rosenmontag.
Waren Sie schon mal beim Karnevals-Umzug in Hannover?
Ich lebte sieben Jahre lang in Hannover und durfte das mal erleben. Da stehen Menschen mit verschränkten Armen am Straßenrand, die auf mehr oder weniger lustige Menschen des Umzugs schauen.
Ganz ehrlich. Man hat nichts versäumt, wenn man den Umzug noch nicht erlebt hat. Aber ich kann generell mit Karneval, Fasching, Fasnet oder wie auch immer dieses Spektakel heißt, wenig bis nichts anfangen. Zu dieser Form des Humors habe ich keinen Zugang.

Aber es gibt eine komische Figur, die mir gefällt und mich immer wieder beschäftigt. Sie taucht in diesen Tagen auch ab und an auf – aber eben nicht nur in diesen Tagen: Der Clown.
Schon dieses Wort zaubert ein Lächeln auf mein Gesicht.
Er spricht meist nichts. Zur Verkleidung braucht es in aller Regel nicht sehr viel: Ein paar zu kurze Hosen vielleicht, ein großgemustertes Jackett, ein alter Koffer, etwas weiße Farbe ins Gesicht und nicht zu vergessen: Die rote Nase.

Da stehen zwei Clowns in der Fußgängerzone, die Luftballons an Kinder und Erwachsene verteilen. Und schon bleiben die Menschen stehen und schauen neugierig und mit einem Lächeln zu.

Oder die Figur des dummen Eugens, der tollpatschig von einem Malheur ins andere gerät, der scheinbar das offensichtliche Hindernis übersieht. Was kann man über ihn – und damit manchmal auch über sich selbst – lachen!

Oder ein Clown, der mitten in eine steife Jubiläumsgesellschaft stolpert, so als wäre er aus einem anderen Film. Schwupp die Wupp kippt die Stimmung, die Gespräche gehen leichter von der Zunge. Viele wirken befreit. Die Veranstaltung wird eine andere.

Der Clown: die Bestätigung, dass die Schadenfreude eben doch immer noch die schönste Freude ist? Der Clown: nur eine nette Unterhaltung zur Erheiterung?

Für mich ist bei der Figur des Clowns noch ein anderes Moment im Spiel: Da ist einer ganz direkt, ignoriert scheinbar feststehende Regeln, Tabus und Verhaltensnormen in aller Freiheit und Selbstverständlichkeit. Das verströmt so eine Ahnung, dass alles auch ganz anders sein könnte. Es stellt das Bestehende in Frage. Schafft Freiheit.
Das hat etwas Subversives! Aufwieglerisches.
Das wirkt. Wirkt auf die Zuschauer.
Da bekommt man eine Ahnung von der Möglichkeit, sich auch völlig anders begegnen zu können.
Von Mensch zu Mensch.
Das eröffnet Freiräume, sich selbst und die anderen mal ganz anders wahrnehmen zu können.
Menschen kehren ihre menschlichen Seiten nach außen, sie entdecken die Leichtigkeit, die Liebe zum Leben. Der Clown macht es vor. Er entdeckt schöpferische Fähigkeiten, die Unmögliches möglich machen.

Letzteres ist übrigens eine zutiefst christliche Haltung: Der christliche Glaube rechnet mit den „unmöglichen Möglichkeiten Gottes“.

Zu den „unmöglichen Möglichkeiten Gottes“ zum Schluss eine lustig-tiefsinnige Anekdote aus dem Himmel:

Drei Männer sterben bei einem Autounfall und kommen direkt in den Himmel. Petrus fragt sie: „Wenn Ihr nun in Euren Särgen liegt und Eure Angehörigen und Freunde Euch betrauern, was wollt Ihr über Euch hören?“
Der Erste: „Ich möchte hören, dass ich ein guter Arzt und Familienvater war!“
Der Zweite: „Ich möchte hören, dass ich ein wundervoller Ehemann und Freund war. Ein Vorbild für viele!“
Der Dritte: „Ich möchte sie sagen hören: "Da! Da! Er bewegt sich!"