Andacht am 23.02.2012, Pfarrerin Dorothea Schlatter

Liebe Vesperkirchengemeinde,

Eine Frage:
Wann haben Sie eigentlich das letzte Mal gestaunt?

Vielleicht ist es gar nicht so lange her.
Vielleicht war es ja, als Sie hier herein kamen
und staunten über die vielen Leute  oder die gute Stimmung hier oder wie schnell das Essen auf dem Tisch steht. Vielleicht haben Sie auch einen Nachbarn  entdeckt, den Sie hier nicht vermutet hätten.
Oder Sie staunten heute morgen beim Aufstehen,
dass Sie fröhlich aufgewacht sind.

Es gibt viele Gründe zum Staunen
und es ist nicht nur etwas für Kinder.
Sie allerdings sind noch fasziniert von dieser Welt,
die sie so unbefangen wahrnehmen.
Von ihnen können wir viel  übers Staunen lernen.
Doch nicht von Kindern will ich erzählen. Ich habe Ihnen
heute ein Gedicht vom Staunen mitgebracht:

Das Staunen staunte, staunte

Das Staunen ging auf Reisen
mit vier ganz kleinen Meisen.
Es wollte sich erholen
von Deutschland und von Polen
und auch von andern Ländern.
Es wollte sich verändern.

Die erste Meise reif: Juchhe!
Da seh' ich einen kleinen See!
Hier setzen wir uns nieder
und strecken das Gefieder!

Das Staunen staunte um sich her.
Ihm schien der See fast wie ein Meer.
Und all die Fische und der Wind!
Ein kleiner Bach zum See hinrinnt.
Die Kiesel glitzerten am Grund
mal warn sie eckig und mal rund.
Das Staunen staunte, staunte.

Die zweite Meise sprach: nun komm,
hier gibt es nichts zu blicken,
mir fehlt ein Wurm zum Picken.
Der Bach kann mir nichts sagen,
mir knurrt zu sehr der Magen.

So flogen sie dann weiter.
Das Staunen war ganz heiter.
Zwar wär es gern geblieben,
doch schön war auch das Fliegen.

Die Sonne war so groß und hell
sie flogen ja auch ziemlich schnell
auf immer graden Wegen,
der Sonne fast entgegen.

Und war sie weg,
gab's einen Fleck,
der wurde immer runder,
die Welt war voller Wunder!

Die dritte Meise sprach: Zu dumm
nun gibt es gleich viel Regen.
Der kommt mir ungelegen.
Wir wollen doch jetzt rasten!
Ich halt nicht viel vom Fasten!

Die vierte Meise suchte flink
nach einem Strauch,
so schnell es ging,
da flogen sie dann drunter.
Schon kam der Regen runter.

Das Staunen staunte immer mehr:
Wie kam so schnell der Regen her?
Oh wie der spritzte, platschte, sprang
und tropfte, klopfte, rauschte!
das Staunen lauschte, lauschte.

Es schien ihm so sehr wunderbar,
daß alles wie es war, so war,
So staunt es noch bis heute.
Versteht ihr das, ihr Leute?

Einen guten Tag noch -
und immer mal wieder eine Gelegenheit
zum Staunen wünsche ich Ihnen.