Andacht am 23.02.2010, Pfarrer Bauschert

Liebe Gäste der Vesperkirche, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!
„Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“ – so steht es in der Bibel. Ich kann mich daran erinnern, wie ich diesen Satz als Kind verstanden habe:
Natürlich leben wir nicht nur vom Brot, das wäre ja langweilig und ganz schön trocken; da muss zumindest noch was drauf sein auf dem Brot – Wurst, Käse, Marmelade, Honig oder Nutella; oder einfach ein dicke Schicht Butter.
Und natürlich gibt es auch noch viele andere leckere Sachen – Schnitzel mit Pommes zum Beispiel, oder Kuchen mit Sahne...
Immer nur Brot – das wäre doch zu eintönig.

So reden, so denken kann ein Kind nur, wenn es – wie ich – aufgewachsen ist in einem reichen Land; wenn es groß geworden ist mit der Erfahrung, immer genug zu essen zu haben; wenn es nie erlebt hat, was es heißt, abends vor Hunger nicht einschlafen zu können.
Meine Eltern, die noch Kriegs- und Hungerjahre erlebt haben, haben uns Kinder immer wieder daran erinnert, wie wertvoll „Brot“ ist – auch „trockenes“ Brot.

„Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“
im Matthäusevangelium, das dieses Jesuswort überliefert, geht es danach noch weiter:
„Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.“
„Nicht vom Brot allein“ meint also etwas ganz anderes als das, was ich als Kind verstanden habe; es geht nicht um „Brot“ im Gegensatz zu anderen Lebensmitteln.
„Brot“ ist hier vielmehr der Sammelbegriff für all das, was wir zum Essen haben – für alles, was unseren Körper satt macht.
„Brot“, also etwas zu essen, ist das, was wir zum Leben brauchen; ohne Nahrung kein Leben.

Und doch, sagt Jesus, gibt es da noch etwas, was wir darüber hinaus brauchen – nicht nur Nahrung für den Körper, sondern auch Nahrung,  so möchte ich es nennen, für die Seele. So wie es auch im Motto der Vesperkirche heißt: „Für Leib und Seele!“
„Der Mensch lebt von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.“

Die Schöpfungsgeschichte erzählt davon, was das heißt – „leben von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht“.
Alles, was ist, alles Leben ist entstanden durch das Wort Gottes: Gott sprach, und es wurde – Licht, Tag und Nacht, Sommer und Winter; und es wuchs und gedieh, was zum Leben nötig ist.
Und dann: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei.
Wir Menschen sind „Gemeinschaftswesen“; wir leben in Beziehungen zueinander und wir leben davon, dass wir mit anderen Gemeinschaft haben. Und wo kommt das besser zum Ausdruck als bei der Tischgemeinschaft, beim gemeinsamen Essen an einer festlich gedeckten Tafel.
Da wird nicht nur der Körper satt.
Da bekommt auch die Seele, was sie braucht.
Wir nehmen einander wahr, wir tauschen uns aus, wir kommen ins Gespräch miteinander – „miteinander für Leib und Seele“.

Noch ein anderes Wort fällt mir ein, das „aus dem Mund Gottes hervorgeht“ und das „lebensnotwendig“ ist.

Da werden wir auf unsere Ver-ant-wortung angesprochen.
Gottes Wort erwartet unsere Antwort.
Was uns geschenkt ist zum Leben, braucht unseren Schutz.
„Bebauen und bewahren“ sollen wir, was Gott durch sein Wort ins Leben gerufen hat; auch davon erzählt die Schöpfungsgeschichte.
Das beinhaltet für mich immer wieder die Frage danach, wie das, was wir zum Essen haben, produziert wurde; und wie gerecht es zugeht bei der Verteilung der Lebensmittel in unserer Welt.

Eine Tischgemeinschaft bildet all das im Kleinen ab; hier versteht es sich von selbst, dass sich nicht der eine den Teller voll häuft, während die andere hungrig daneben sitzt.
Hier versteht es sich von selbst, dass wir wahrnehmen, was andere brauchen. Hier erleben wir Gemeinschaft; hier bekommen wir Nahrung für Leib und Seele.

„Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Mund Gottes geht.“


Wir beten:

Gott, unser Schöpfer,
wir freuen uns an der Schönheit deiner Welt um uns herum.
Wir freuen uns am Geruch und Geschmack des Essens, das uns wärmt, sättigt und am Leben erhält.
Wir freuen uns an der Gemeinschaft, die wir miteinander haben, und wir loben dich. Amen.