Andacht am 16.02.2012, Pastor Hans-Martin Brombach

Liebe Vesperkirchengemeinde,

wir sind hier heute zusammen als Menschen, die sich noch nicht kennen, sind zusammen mit Bekannten, Kollegen, Kumpel, vielleicht auch mit Freunden. Freunde können dabei die wichtigsten Menschen sein. Aber was sind eigentlich Freunde, was ist Freundschaft?

Dazu möchte ich ihnen eine Geschichte weitererzählen, aus „Der Kleine Prinz“ von Saint-Exupéry.

Auf seinem Weg durch die Welt begegnet der kleine Prinz einem Fuchs. Und sie kommen ins Gespräch.
„… Der Fuchs verstummte und schaute den Prinzen lange an. Dann sprach er: „Bitte … zähme mich.“
„Ich möchte wohl“, sprach der kleine Prinz, aber ich habe nicht viel Zeit, ich muss Freunde finden und viele Dinge kennenlernen.“
„Man kennt nur Dinge, die man zähmt“, erwiderte der Fuchs. „Die Menschen haben keine Zeit mehr, irgendetwas kennenzulernen. Sie kaufen sich alles fertig in den Geschäften. Aber da es keine Kaufläden für Freunde gibt, haben die Leute keine Freunde mehr. Wenn du einen Freund willst, dann zähme mich.“
„Was muss ich da tun?“, fragte der kleine Prinz.
„Du musst sehr geduldig sein“, antwortete der Fuchs. „Du setzt dich zunächst ein wenig abseits von mir ins Gras. Ich werde dich so verstohlen, so aus dem Augenwinkel anschauen, und du wirst nichts sagen. Die Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse. Aber jeden Tag wirst du dich ein bisschen näher zu mir setzten können …“

Kann man eine schönere Beschreibung von Freundschaft, bzw. der Grundlage einer Freundschaft geben, wie es hier bei Saint-Exupéry geschieht? Eine bessere Antwort auf die Frage, „Wie bekomme ich einen Freund“ kann man eigentlich nicht geben: „Du musst geduldig sein und dich langsam auf den anderen zu bewegen.“ Zeit haben und Geduld sind die beiden entscheidenden Stichworte. Nicht rastlos und ungeduldig den anderen im Vorbeigehen zur Facebook-Freundesliste zuschlagen und weiter geht’s.
In der Geschichte vom kleinen Prinzen sagt der Fuchs im weiteren Verlauf des Gesprächs deutlich: „Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast.“ Und damit spricht der Fuchs die wichtigsten Grundlagen einer Freundschaft an: Zum einen, dass sie auf Dauerhaftigkeit angelegt ist, und zum anderen, das ich dem Freund gegenüber eine Verantwortung angenommen habe. Bin ich auf diesem Hintergrund bereit, eine Freundschaft einzugehen und sie zu leben?

Eine Einladung zu einer ganz besonderen Freundschaft finde ich auch in der Bibel. Dort sagt Jesus (Joh. 15,12-15 - nach „Gute Nachricht“):

„Dies ist mein Gebot: Ihr sollt einander so lieben, wie ich euch geliebt habe.  Niemand liebt mehr als einer, der sein Leben für seine Freunde opfert. Ihr seid meine Freunde, wenn ihr mein Gebot befolgt. Ich nenne euch nicht mehr Diener; denn ein Diener weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr nenne ich euch Freunde; denn ich habe euch alles gesagt, was ich von meinem Vater gehört habe.“

Da bezeichnet sich einer als mein Freund. Er hat Geduld und Zeit, mein Leben zu begleiten, bietet eine Freundschaft für die Ewigkeit an. Eigentlich kann ich in die ausgestreckte Hand nur einschlagen. Er hat Geduld und wartet auf mich. Ein echter Freund.