Andacht am 21.02.2012, Diakonin Marta Maurer-Gaus

Ich grüße sie herzlich mit folgender Geschichte:

Ein Mann saß auf einer Parkbank, traurig und bedrückt. Er dachte über sein Leben nach und darüber, was alles schief lief.
Ein kleines Mädchen, das durch den Park schlenderte, sah den Mann, bemerkte seine Stimmung und setzte sich zu ihm auf die Bank. Sie fragte ihn: „Warum bist du denn so traurig?“ Der Mann antwortete geknickt: „Ach weißt du, ich habe keine Freude im Leben. Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll, alles und alle haben sich gegen mich verschworen und nichts läuft so, wie es soll.“
Das Mädchen schaute verwundert und fragte: „Wo hast du denn deine gelbe Tüte? Darf ich sie mal sehen?“ Der Mann verstand nicht und erwiderte: „Was für eine gelbe Tüte? Ich hab nur eine schwarze.“
Schweigend gab er dem Mädchen die schwarze Tüte. Behutsam öffnete die Kleine die schwarze Tüte und sah hinein. Das Mädchen erschrak und sagte entsetzt: „Das sind ja nur schlimme Erlebnisse, Alpträume, Unglück, Schmerz, Angst und Leid!“ Der Mann entgegnete traurig: „Das ist eben so, da kann ich nichts machen.“
„Hier, schau“, sagte die Kleine und reichte dem Mann eine gelbe Tüte. Etwas unsicher öffnete der Mann diese, und er sah ganz viele schöne Dinge: Sonnentage, glückliche Stunden, Lachen, Freude, Unbeschwertheit und Zufriedenheit. Er wunderte sich, da das Mädchen noch so jung war, und fragte: „Wo ist deine schwarze Tüte?“
Die Kleine antwortete keck: „Die werfe ich jede Woche in den Müll und kümmere mich nicht mehr darum! Ich denke, es ist viel schöner und sinnvoller, meine gelbe Tüte immer weiter zu füllen. Da stopfe ich so viel wie möglich hinein und immer, wenn ich Lust dazu habe oder traurig bin, schaue ich hinein. Dann geht es mir gleich wieder besser. Wenn ich dann alt bin, habe ich eine ganz volle Tüte und kann mir viele schöne Erinnerungen anschauen!“
Der Mann war verblüfft und als er noch über die Worte der Kleinen nachdachte, war diese bereits verschwunden. Neben ihm lag eine gelbe Tüte auf der Bank. Er öffnete sie zaghaft und sah, dass sie fast leer war. Nur ein herzliches Gespräch mit dem kleinen Mädchen war darin.
Der Mann lächelte und stand auf. Er nahm die gelbe Tüte mit. Auf dem Heimweg entsorgte er seine schwarze Tüte im nächsten Müllkübel.

Haben Sie auch eine gelbe Tüte, oder eine Schachtel, in die Sie sammeln können?
Sammeln, mit dem Augenmerk, mit der Aufmerksamkeit, worüber ich mich freuen kann, wo es mir „leicht um´s Herz wird“, oder „warm im Bauch“, ich angerührt, berührt bin.
Ich wünsche Ihnen, dass sie jeden Tag etwas erleben oder entdecken, womit Sie Ihre gelbe Tüte füllen können.
Einer hat auch mit solch einer Sammlung angefangen und ist dabei immer aufmerksamer geworden, hat immer mehr entdeckt, was ihn erfreut und irgendwann hat er diese Fülle zusammengefasst und daraus ist ein Psalmlied entstanden (aus Psalm 104):

Lobe den Herrn, meine Seele!
    Herr, mein Gott, du bist sehr herrlich;

du bist schön und prächtig geschmückt.
    Licht ist dein Kleid, das du anhast.

Du breitest den Himmel aus wie einen Teppich
der du das Erdreich gegründet hast auf festen Boden,
    dass es bleibt immer und ewiglich.

Du feuchtest die Berge von oben her,
    du machst das Land voll Früchte, die du schaffest.

Du lässest Gras wachsen für das Vieh
    und Saat zu Nutz den Menschen,

dass du Brot aus der Erde hervorbringst,
    dass der Wein erfreue des Menschen Herz

und sein Antlitz schön werde vom Öl
    und das Brot des Menschen Herz stärke.

Herr, wie sind deine Werke so groß und viel!
Du hast sie alle weise geordnet,
    und die Erde ist voll deiner Güter.

Es warten alle auf dich,
    dass du ihnen Speise gebest zur rechten Zeit.

Wenn du ihnen gibst, so sammeln sie;
    wenn du deine Hand auftust,
    so werden sie mit Gutem gesättigt.

Verbirgst du dein Angesicht, so erschrecken sie;
    nimmst du weg ihren Odem, so vergehen sie
    und werden wieder Staub.

Du sendest aus deinen Odem, so werden sie geschaffen,
    und du machst neu die Gestalt der Erde.

Die Herrlichkeit des Herrn bleibe ewiglich,
der Herr freue sich seiner Werke!
    Lobe den Herrn, meine Seele! Halleluja!